2: Qualitätssicherung in der Rehabilitation
Ziel dieser Kommission ist die Begleitung der Entwicklung von (klinisch-praktischen) Therapie- und Qualitätsstandards für spezielle Indikationen, aber auch die Identifikation von indikationsübergreifenden Rehabilitationsprozessen, die durch ähnliche rehabilitationsmedizinische Verläufe von unterschiedlichen Krankheitsbildern definiert werden können.
Primäres Ziel dieser Kommission ist die Evaluation der aktuellen Therapie- und Qualitätsstandards aus der Sicht des praktisch tätigen Rehabilitationsmediziners und Beurteilung der aktuellen rehabilitationswissenschaftlichen Evidenz für den rehabilitationsmedizinischen Alltag, aber nicht die Erstellung von rehabilitationsmedizinischen Leitlinien oder wissenschaftliche Evaluation von Rehabilitationsprozessen. Dieses ist primäre Aufgabe der in der Allianz vereinigten Fachgesellschaften, der Leistungserbringer und der Rehabilitationswissenschaftler.
Therapie- und Qualitätsstandards indikationsspezifischer Rehabilitationsmaßnahmen
Unter indikationsspezifischen Rehabilitationsmaßnahmen sind rehabilitationsmedizinische Krankheitsbilder zu verstehen, die sich bestimmten fachärztlichen Indikationen zuordnen lassen. Die Zuordnung der Krankheitsbilder erfolgt entsprechend der ambulanten und akutstationären fachärztlichen Versorgung, die sich in der fachärztlichen Ausbildung, der fachärztlichen Versorgung und den Tätigkeitsbereich der medizinischen Fachgesellschaften widerspiegelt.
Erstes Ziel der Kommission ist die Identifizierung von rehabilitationsmedizinisch relevanten Indikationen unter den Mitgliedern (Fachgesellschaften) der Allianz bei denen ein Bedarf für eine Aktualisierung von rehabilitationsmedizinischen Therapie- und Qualitätsstandards besteht.
Zweites Ziel der Kommission ist die Sichtung und Bewertung der aktuellen Evidenz von rehabilitationsmedizinischen Maßnahmen für einzelne Indikationen innerhalb der Fachbereiche. Dieses können zum einen aktuelle (evidenzbasierte) Therapieleitlinien zu den einzelnen Krankheitsbildern sein, aber auch systematische Übersichtsarbeiten, Metaanalysen etc. aus der Fachliteratur darstellen. Weiterhin erfolgt eine Sichtung und Bewertung von vorhandenen Empfehlungen und Qualitätsstandards der Leistungsträger zu den einzelnen Indikationen.
Dieses können z. B. Reha-Therapiestandards, aber auch Publikationen in Form von Fachbüchern sein, insbesondere, wenn diese von den Leistungserbringern selbst oder assoziierten Arbeitsgemeinschaften stammen. Es erfolgt eine Bewertung, ob und in welchem Maße für die einzelnen Krankheitsbilder ausreichende Therapie- und Qualitätsstandards vorhanden sind oder ein weiterer wissenschaftlicher Handlungsbedarf besteht.
Im Rahmen dieser indikationsspezifischen Überprüfung soll insbesondere die evidenzbasierte Qualität zu folgenden Punkten geklärt werden:
Zugang zur Rehabilitationsmaßnahmen
Dokumentation des Rehabilitationsablaufes
Evidenz für rehabilitationsmedizinische Maßnahmen
Evidenzlage für die Erstellung einer Sozialmedizinische Prognose
Anforderungen an die Ausstattung von Einrichtungen für die medizinische und medizinisch-berufliche Rehabilitation (Strukturqualität [personell, räumlich/apparativ] und Prozessqualität [Diagnostik und Therapie/Interventionen]
Identifikation von vulnerablen Patientenpopulationen mit z. B. indikationsübergreifenden Krankheitsbildern und die Konsequenzen für den Rehabilitationsverlauf
Für einzelne Krankheitsbilder sind von Mitgliedern der Allianz bereits Positionspapiere zu einzelnen Indikationen publiziert worden (Meyer-Olson et al. 2019).
Qualitätssicherung indikationsübergreifender Rehabilitationsstrukturen
Der Rehabilitationsprozess setzt sich grundsätzlich zusammen aus dem Auftreten einer Erkrankung, die zum Auftreten einer Teilhabeeinschränkung führt, der Indikations- und Antragstellung einer rehabilitationsmedizinischen Maßnahme, der Durchführung der rehabilitationsmedizinischen Maßnahme und rehabilitationsmedizinischen Nachversorgung (Egen et al. 2021).
In der medizinischen Rehabilitation in Deutschland wird dieser Prozess von verschiedenen Leistungsträgern begleitet, die sich in unterschiedlichen Sektoren der Gesundheitsversorgung befinden (insbesondere akutstationär und rehabilitationsmedizinische Versorgung sowie rehabilitationsmedizinische Nachsorge).
Während für einzelne Krankheitsbilder (z.B. die neurologische Rehabilitation nach cerebralen Schlaganfall) komplexe und gut strukturierte Prozesse etabliert wurden, sind diese für viele rehabilitationsmedizinische Indikationen nicht vorhanden. Dieses trifft zum einen sowohl für rehabilitationsmedizinische Indikationen, die ähnlich wie beim cerebralen Schlaganfall durch ein medizinisches Akutereignis mit initial maximalen Funktionsverlust definiert werden, aber vielfach auch für rehabilitationsmedizinische Indikationen, die sich im Rahmen von chronischen Erkrankungen manifestieren, bei denen es aber im Rahmen der Erstmanifestation i.d. Regel nicht zu einen persistierenden Funktionsverlust kommt, sondern die Indikation für eine rehabilitationsmedizinische Maßnahme erst im Verlauf der Erkrankung bei einem Teil der Patienten auftritt. Gerade für die letzten Patientengruppen sind bisher keine ausreichenden strukturellen Rehabilitationsprozesse definiert, obwohl diese Gruppen einen Großteil von Rehabilitationsmaßnahmen und -leistungen ausmachen.
Das Ziel der Kommission besteht darin, für unterschiedliche indikationsübergreifende Krankheitsbilder (z.B. akut versus chronische Erkrankungen) Rehabilitationsstrukturen zu definieren und Barrieren zwischen den Sektoren der Gesundheitsversorgung zu identifizieren, die durch rehabilitationswissenschaftliche Maßnahmen evaluiert werden können.
Weiterhin untersucht die Kommission inwieweit bestehende gesetzliche Rahmenbedingungen, wie z. B. die Definition von "Phasen akuter Behandlungsbedürftigkeit einer Krankheit" nach § 13, Abs. 2 und § 15 Abs. 2, SGB VI sinnvoll in einen Rehabilitationsprozess insbesondere bei chronischen Erkrankungen integriert werden können.
Ein weiterer Punkt ist die Beurteilung der Qualität und Effizienz gerade von intersektoralen Rehabilitationsleistungen (z. B. GKV-gestützte Rehabilitationsleistungen für Pflegebedürftigkeit und Rehabilitationsleistungen der niedergelassenen Fachärzte für Physikalische Medizin und Rehabilitation).
Literatur
Meyer-Olson D, Hoeper K, Sturm C, et al. Rehabilitation von Patienten mit entzündlich-rheumatischen Erkrankungen. Akt Rheumatol 2019; 44: 383-391.
Egen C, Busche T, Gutenbrunner C. Die medizinische Rehabilitation in Deutschland. Das Krankenhaus 2021; 2: 109-116.
Sprecher: Prof. Dr. Dirk Meyer-Olson, Dr. Wilfried Hoffmann